Testbericht - Marzocchi 888 RC3 Evo Ti


Technik Von außen betrachtet ist die Technik gleich geblieben: Rechts die mechanischen Vorspannung der Feder. Links das Compressions- und Reboundsystem: Am unteren Ende der linken Seite befindet sich die Low-Speed-Compression, womit die Feinfühligkeit und auch das "Wippverhalten" der Gabel kontrolliert werden kann. Am oberen Ende befinden sich zwei Schrauben. Die innere, schwarze Stellschraube kontrolliert die Dämpfung und mit der äußeren, roten Schraube kann die High-Speed-Compression eingestellt werden - also wie progressiv die Gabel reagieren soll. Hier kommt auch das VA System (Volume Adjust) zum Tragen: Mit der High-Speed-Compression wird die interne Luftkammer verändert und damit virtuell der Ölstand im linken Holm.

Intern hat sich aber eine ganze Menge getan:
Herausragende Veränderung ist das neue Evo System!
Das überarbeitete RC3 System ermöglicht nun den Einsatz von austauschbaren Shim-Stacks, wodurch sich die Gabel komplett anders abstimmen lassen soll.

Geplant sollen verschiedene Signatur-Shim-Stacks von Profi-Bikern sein, womit jedermann das Gabel-Setup eines WorldCup Racers fahren kann. Nun ja ... zur Zeit weiß man noch recht wenig über die neuen Zauber-Module...
Wir dürfen also gespannt sein, was in dem Bereich in Zukunft passiert!

In der Hand Also mir gefällt die schlichte, aber edel wirkende titan-graue Lackierung wesentlich besser als das vorherige Einheits-Weiß, welches von jedem Gabelhersteller verwendet wurde, um dem "Mode-Diktat" gerecht zu werden. Letztes Jahr war ja quasi alles weiß-lackiert... Das Understatement des Graus unterstreicht den Premiumanspruch der Gabel. Es ist nicht nur eine von vielen ... es ist DIE Gabel 2010!

Weitere optische Verbesserung: die pubertären Abziehbildchen mit den sich räckelnden Mädels sind verschwunden. Nicht das ich was gegen die Bomber-Girls gehabt hätte ... aber doch lieber Live und in Farbe, anstatt als Billo-Aufkleber auf der Gabel!
Anstatt dessen dominiert wieder der gute, alte BOMBER Schriftzug die Seitenflanken. Die silbrig-glänzenden Standrohre und die rote-eloxierten Verstell-Knöpfe sorgen für das nötigen BLINGBLING ... die imposanten Ausmaße der Gabel wirken vertrauenseinflößend.

Nach der ersten erfürchtigen Bewunderung grabschen die Hände nach der Edel-Forke ... ;)

Jetzt stellt sich der eigentliche AHA-Effekt ein: ... ist die Gabel leicht! Es ist schier unglaublich!
Die Waage bestätigt das Handgefühl: die 888 Ti wiegt ganze 700g weniger als das Vorjahresmodell.
Dabei hat man aber nicht das Gefühl unsinnigen Leichtbau in den Händen zu halten .... im Gegenteil: die Gabel wirkt sehr solide und massiv.

Auf dem Trail Eines vorweg: es stimmt was bereits in den Magazinen geschrieben wurde! Die Marzocchi Gabel arbeitet tatsächlich wesentlich feinfühliger als die der letzten Jahre. Ich möchte diese nicht schlecht reden ... mir haben bisher alle 888s gefallen. Eine DH-Gabel soll eben die groben Sachen schlucken ... da ist es schon OK, wenn die nicht bei jedem kleinen Kiesel eintaucht! Doch die Neue ist eben doch einen guten Tick sensibler.

Ich hatte mir dennoch ein wenig mehr Zeit genommen, bevor ich diesen Bericht geschrieben habe.
Erstens muss eine Gabel erst eingefahren werden und zweitens wollte ich die Gabel in unterschiedlichen Situationen gefahren sein, um ein ganzes Bild vermitteln zu können.

Zu Punkt 1: Ich hatte das Setup der alten Gabel übernommen und los ging es ... ich kann nur sagen: WHOW!
Ich wußte sofort: die "Einfahr"-Zeit kann ich mir sparen! Die 888 Evo Ti war von der ersten Sekunde an perfekt!

Zu Punkt 2: Als die Gabel kam war noch gefühlt Winter: Schnee. Matsch. Regen. Bei solchen widrigen Bedingungenzeigt sich recht schnell, was das Material taugt und wo seine Besonderheiten sind.

Meine erste Bewährungsprobe mit der neuen Gabel war ein sehr rutschiger steiler Abhang, der unten in einem aufgeweichten Flat endete ...
als ich unten ankam war mein erster Gedanke: Oh Shit ... Du bist zu schnell und das Vorderrad packt es nicht auf dem Schlamm des aufgeweichten Bodens die Kurve zu kriegen ... unweigerliche Konsequenz: Bodenprobe!
Doch da trat die 888 plötzlich in Aktion: anstatt wegzusacken und mich über den Lenker gehen zu lassen, hielt die Gabel gegen und fuhr mit mir entspannt die Kurve zuende, so als wenn nix gewesen wäre! Ich war völlig baff!

Das nächste AHA-Erlebnis hatte ich auf den Filthy Trails. Die mit Sprüngen gespickten Singletrails zu rocken, war einfach klasse! Die Gabel ist leicht genug zum anlupfen bei Sprüngen, bietet softes Ansprechverhalten auf Wurzeln, hat Nehmer-Qualitäten in den Landungen - ohne tief weg zutauchen und lässt sich easy und schnell durch die teilweise engen Trails zirkeln.

Noch etwas ist mir aufgefallen: bei dem vorherigen Modell war es bei extremen Steilabfahrten wichtig vorher die Compression reinzudrehen, damit sie nicht zu tief wegsackt. Bei der neuen 888 habe ich es öfters mal vergessen ... ohne Reue. Nach meinem Empfinden ist die Endprogression deutlich höher als bei der Stahlfeder. Dennoch stelle ich - anhand eines kleinen Kabelbinders an einem Standrohr - immer wieder fest, dass ich den Federweg komplett ausnutze.

Fazit Nach zahlreichen Ausfahrten kann ich sagen: die 888 Evo Ti ist die beste Gabel, die ich je gefahren bin! Sie ist leichter, sie reagiert wesentlich sensibler und sie nutzt den Federweg von 200mm sehr linear aus mit einer deutlichen Endprogession. All diese Vorteile sind gepaart mit einer super einfachen Handhabung: Set it and forget it! Das heißt: einmal richtig eingestellt kann man in jeder Situation das Gas stehen lassen.

Sowohl optisch als auch technisch hat die 888 Evo Ti einen großen Schritt nach vorne gemacht.
Ebenfalls bemerkt sollten die weiteren kleinen Verbesserungen:
der beiliegende, integrierte Vorbau (mit 53mm Länge und 24mm Rise) wurde überarbeitet und sieht nun ebenfalls hochwertiger aus. Zudem wird die Gabel komplett mit Titanschrauben geliefert.